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Artikel

25 Jahre Brandenburgische Sommerkonzerte

Info

Künstler: Luiz Felipe Coelho, Stephan Koncz und Masayuki Carvalho

Zeit: 21.06.2015

Ort: Klosterkirche St. Marien, Lehnin

Besucher: 630

Veranstalter: Brandenburgische Sommerkonzerte

Fotograf: Norbert von Fransecky

Internet:
http://www.brandenburgische-sommerkonzerte.org

Die großen Feiern zum 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls sind im vergangenen Jahr über die Bühne gegangen. Langsam können die ersten Initiativen, die seitdem versuchen das „neue Deutschland“ mitzugestalten, ihre Jahrestage begehen - wenn sie denn die Substanz haben, ein Vierteljahrhundert und mehr zu überdauern. Die Brandenburgischen Sommerkonzerte haben die 25 Jahre nicht nur durchgehalten. Sie sind lebendig wie nie. Am 14. Juni fand in Königs Wusterhausen das Eröffnungskonzert 2015 statt. Eine Woche später machte sich Norbert von Fransecky auf, um das Konzert Weltruhm hinter Klostermauern in der Klosterkirche St. Marien in Lehnin zu begutachten.

Der Parkplatz ist schon eine gute Dreiviertelstunde vor Konzertbeginn proppenvoll. Auf dem Klostergelände tummeln sich die Besucher, stehen in kleinen Gruppen redend beieinander oder bestaunen die Jahrhunderte alten Gebäude des ersten Klosterkomplexes des Zisterzienser-Ordens, den es in Brandenburg gegeben hat. Andere versuchen einen Platz in dem kleinen Cafe zu finden, das sich am Rand des Klostergeländes in einem kleinen Kräuter- und Staudengarten befindet. Bereits beim Aussteigen aus dem Auto waren uns Menschen aufgefallen, die vor Konzertbeginn noch schnell einen dort erworbenen Topf mit Kräutern oder anderen Pflanzen im Wagen in Sicherheit brachten.

Hochglanz ist hier nicht zu erwarten. Einfache Gartentische und –stühle stehen verteilt unter Obstbäumen und Kletterrosen. Man setzt sich mit dem Gefühl Freunde im Garten zu besuchen und kommt schnell mit anderen Menschen ins Gespräch. Zum Teil sind diese nicht mit dem eigenen Auto angereist, sondern mit dem extra von den Brandenburgischen Sommerkonzerten organisierten Shuttlebus. Er bringt die Besucher direkt vom Fehrbelliner Platz in Berlin-Wilmersdorf zu den jeweiligen Veranstaltungsorten in Brandenburg. Seine Gäste sind schon länger auf dem Gelände, und hatten die Möglichkeit, an dem kulturellen Rahmenprogramm teilzunehmen, das mittlerweile zur guten Tradition der Sommerkonzerte gehört. In Lehnin standen ein Rundgang durch den Kräutergarten, eine Bootsfahrt, eine Lesung und eine Klosterführung zur Auswahl.




Eine Viertelstunde vor Konzertbeginn hat sich auf dem Gelände eine lockere Schlange gebildet, die sich ohne jede Hektik gemächlich auf den Eingang zur Klosterkirche zu bewegt. Man betritt die Kirche durch den Südeingang, direkt am Altarraum und blickt in die Backsteinkulisse des langen hohen Kirchenschiffes, das bald bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Kurz nach 17 Uhr betritt Stiftskantor Andreas Behrendt den stimmungsvoll ausgeleuchteten Altarraum, der optisch vom Altar, dem davor stehenden Bechstein Flügel und Aufstellern, die in warmen Farben auf die fünfundzwanzigsten Brandenburgischen Sommerkonzerte hinweisen, geprägt ist. Nach einer kurzen Begrüßung ist es Zeit für den Geiger Luiz Felipe Coelho, den Cellisten Stephan Koncz und den Pianisten Masayuki Carvalho. Alle drei sind Mitglieder der Berliner Philharmoniker.

In den folgenden zwei Stunden erklingen von einer kurzen Pause unterbrochen Klaviertrios von Beethoven, Rachmaninow und Dvorák, sowie als Zugabe ein Tango. Klassische Konzerte lassen sich oft am besten konzentriert mit geschlossenen Augen genießen, um richtig in die Kompositionen einzutauchen. Eine gute Akustik vorausgesetzt ist es dann relativ gleichgültig, an welchem Ort des Konzertsaales man sich befindet. In Lehnin würde man an diesem Sonntag so allerdings die Hälfte verpassen. Insbesondere Luiz Felipe Coelho und Masayuki Carvalho spielen fast von Start weg mit vollem Körpereinsatz. Carvalhos Kopf zuckt nach vorne vor und fliegt in den Nacken. Die Hände stoßen wie Raubvögel auf die Tasten herab. Insbesondere bei schnelleren Parts schnellt das rechte Bein bis fast zum Boden des Flügels hoch, um sofort wieder vernehmbar auf dem Boden zu landen. Bei Coelho hat man in solchen Momenten das Gefühl, die Musik würde ihn gleich von seinem Stuhl hoch reißen, um seine Parts im Stehen, wie ein Rock-Gitarrist zu zelebrieren.


Das Publikum weiß das zu würdigen – und schickt das Trio mit begeistertem Applaus in die Pause, die man bei zwar bedecktem Himmel aber trockenem Wetter mit einem Glas Sekt verbringen kann, das von jungen Helfern in Sommerkonzert-T-Shirts ausgeschenkt wird. Nach dem dritten Trio von Dvorák hallt die historische Klosterkirche vom Getrampel des Publikums wieder. Aber Coelho, Koncz und Carvalho können sich noch steigern. Von der Publikumsresonanz sichtlich mitgerissen kündigt Carvalho als Zugabe eine Tango-Bearbeitung an, bei der die drei völlig entfesselt aus sich heraus gehen.

Am Ausklang liegen die Flyer mit dem weiteren Jubiläums Programm der Sommerkonzerte. Und sicher wird sich der eine oder andere durch das in der Klosterkirche Erlebte zu einer weiteren Veranstaltung eingeladen fühlen – den einen zu Ungarischem Jazz am Preussenhof den anderen zu Romantischem Klang in barocker Pracht. Und ein Dritter wird neugierig sein, was die Apfelgärtnerin aus der Uckermark zu erzählen weiß.

Pianist Masayuki Carvalho kündigt die Zugabe an.

Auf einige Besonderheiten im Jubiläumsjahr weist Mary-Ann Schubert aus der Geschäftsstelle der Brandenburgischen Sommerkonzerte hin. Am 26. Juli wird es in der Nikolaikirche in Luckau ein Festkonzert mit der Academy of St. Martin in the Fields geben. Jazzfreunde kommen am 5. Juli beim Dorfkirchenjazz mit dem Atom String Quartet in der Dorfkirche in Langen auf ihre Kosten und wer noch den abschließenden Tango aus der Klosterkirche im Ohr hat, ist am 2. August beim Tango auf der Bismarckhöhe mit dem Beltango Quintett in Werder an der Havel richtig.

Für einen Termin haben sich die Brandenburgischen Sommerkonzerte mit einer anderen Veranstaltungsreihe zusammen getan. Am 12. Juli spielt in der Stadt Brandenburg das Heeresmusikkorps Neubrandenburg unter der Überschrift Blasmusik im Blütenmeer ein Sommerkonzert im Rahmen der Bundesgartenschau.

Norbert von Fransecky


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