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Artikel

Simeon Soul Charger: All is fair in Harmony Square!

Info

Gesprächspartner: Simeon Soul Charger

Zeit: September 2012

Stil: Psychedelic/Prog Rock

Internet:
http://www.simeonsoulcharger.com

Dass eine amerikanische Band ihre großstädtische Heimat verlässt, um ins tiefste Bayern umzusiedeln, um dort ihr Glück zu versuchen, kommt auch nicht alle Tage vor. SIMEON SOUL CHARGER - ehemals aus Akron, Ohio - haben das getan. Bei einem Auftritt in New York lernten sie ihren jetzigen Manager kennen, der von dem Quartett so begeistert war, dass er sie am liebsten gleich mit nach Europa nehmen wollte. Wer die Gruppe bereits live gesehen hat, kann diese Begeisterung verstehen. Ihr psychedelischer Rock mit tollen Gesangs- und feinen Gitarrenharmonien, überschlagenden Melodien und starken Rhythmen ist einfach mitreißend. Nach zwei selbst vertriebenen EPs veröffentlichte die Band im letzten Jahr ihr Debütalbum Meet me in the afterlife auf dem deutschen Label Gentle Art of Music. Dem folgt jetzt das Konzeptalbum Harmony Square. Hierbei handelt es sich um ein Konzeptalbum mit durchgehender Geschichte und ineinander übergehenden Songs. Was SIMEON SOUL CHARGER, die mittlerweile auf einem abgelegenen Bauernhof bei München leben, fabriziert haben ist ziemlich faszinierend. Da war es selbstverständlich, dass MAS bei dem Quartett, das jetzt schon öfter zu TV-Ehren kam, anzuklopfen, um etwas mehr zu erfahren. Aaron Brooks (Gesang, Gitarre, Keyboards), Joe Kidd (Schlagzeug) und die beiden Brüder Rick Phillips (Gitarre) und Spider Monkey (Bass) gaben ausführlich Auskunft und zeichneten ein Bild von vier getriebenen Künstlerseelen voller Leidenschaft.

Rick Phillips, Spider Monkey, Joe Kidd und Aaron Brooks (v.l.n.r.)

Was waren Eure ersten Gedanken, als ihr in Deutschland gelandet seid?

Rick Phillips: Verdammt, ich brauche eine Zigarette… wo sind meine Gitarren… und… hier sind wir!

Spider Monkey: Der Flughafen München ist nicht in München?!

Aaron Brooks: Es war sehr aufregend. Es fühlte sich wirklich an, als wäre unser Leben im Übergang. Alles schien möglich.

Joe Kidd: Ich war ziemlich müde vom Flug und hatte höllisch Hunger. Aber ich war sehr aufgeregt wegen des neuen Abenteuers. Und ich habe mich darauf gefreut all meine deutschen Freunde zu treffen.

Habt ihr Eure Übersiedlung schon bereut?

Aaron: Ich habe bis jetzt noch nichts bereut. Ich liebe dieses Land und besonders dessen Leute. Wir haben tolle Freunde hier.

Rick: Ich bereute es definitiv ebenfalls nicht. Es gibt hier so viele coole Möglichkeiten für uns als Band und als Personen. Es hat uns geholfen, sich mehr auf das zu konzentrieren was wirklich wichtig im Leben ist.

Joe: Ich habe null Bedauern dem Umzug gegenüber. Ich konnte in eineinhalb Jahren mehr Erfahrungen sammeln, als die meisten in ihrem ganzen Leben. Dahingehend fühle ich mich privilegiert.

Spider: Das einzige was ich am Umzug bereuen würde, wären an einem Ort zu lange zu bleiben. Du solltest schon ein Zuhause haben, welches du aufsuchen kannst, vielleicht auch mehrere. Aber man sollte sich dort nie gefangen fühlen.

Denkt ihr Eure Musik wird hier in Europa mehr geschätzt?

Aaron: Es scheint als würden wir hier mehr geschätzt. Wir konnten recht schnell eine Anhängerschaft anhäufen.

Joe: Die meisten Hörer schlucken heute, was ihnen von Mainstreamkanälen hingestellt wird. Zu sagen ein Kontinent würde die Musik mehr schätzen, ist also schwierig. Überall gibt es Leute die echte Musik mit echten Gefühlen, gespielt von echten Leuten hören. Und das ist die Gruppe die wir hoffen zu erreichen.

Spider: Meiner Meinung nach wird die Musik an jedem Ort anders geschätzt. In jedem Staat in Amerika ist es ein wenig anders und ebenso in jedem Bereich und jedem Land in Europa. An sich scheint Kunst im Allgemeinen in Europa mehr geschätzt zu werden. In den Staaten musst du manchmal erst an die fünf unglaubliche Konzerte in einer Stadt gespielt haben, bevor die Leute sagen „ok, geben wir denen mal ne Chance“.

Rick, Spinder Monkey, ihr beide habt deutsche Vorfahren. Half das, sich in der bayerischen Kultur zurecht zu finden? Seht ihr diverse Klischees und Stereotypen, die man im Ausland von uns Deutschen hat bestätigt, nachdem ihr jetzt zwei Jahre hier lebt?

Rick: Genau, unsere Oma stammt aus Holzkirchen am Tegernsee. Ich wuchs damit auf, Weißwürste und deutsche Pfannkuchen zum Frühstück zu essen. Sie hatte immer eine bayerische Fahne an ihrem Haus hängen und sogar einen Wandteppich von Schloss Neuschwanstein! Ich glaube ich bin also mit den bayerischen „Stereotypen“ vertraut. Aber hier zu leben und mit den Leuten zu interagieren hat mir geholfen meine Oma ein bisschen besser zu verstehen.

Spider: Leute sind sehr verschieden - überall in der Welt. Ich habe mir ein paar Orte angeschaut. Ich glaube nicht, dass man irgendetwas im Vorab tun kann, um sich auf eine bestimmte „Art“ von Leuten an einem Ort vorzubereiten. Ich denke, eine Mutter und eine Oma aus Deutschland zu haben, half nur darin, dass manche Dinge nicht verwirrend waren.

SSC's Heimat: Akron, Ohio

Ihr lebt zusammen auf einem abgelegenen Bauernhof. Als Außenstehender stellt man sich das leicht romantisch verklärt wie bei einer alten Künstlerkommune vor. Wie hat euch dieses „neuer Art zu leben“ als Band zusammen geschweißt?

Rick: Unser Bauernhof ist ein schöner, inspirierender und entspannender Ort. Natürlich ist das toll fürs Musizieren. Wir können einfach unsere Verstärker bis zum Anschlag aufdrehen. Auf dem Land zu leben ist für einige von uns nicht wirklich neu. Aber es hat uns zu einer eng verbundenen Familie zusammengeschweißt. Wir sind mehr als eine Band. Wir sind Brüder und Schwestern. Ich denke, wir sind einfach romantische, altmodische, künstlerische Leute.

Aaron: Wir könnten uns nicht näher sein. Wir sind uns den Befindlichkeiten der anderen bewusst geworden und wir respektieren deren einzigartige Persönlichkeiten und Lifestyles. Das sorgt für ein offenes kreatives Umfeld, in dem wir die Möglichkeit haben ohne Zwänge kreativ zu sein. Wir sind mittlerweile eine richtige Familie. Wären wir ohne diese Erfahrung plötzlich supererfolgreich geworden, klänge unsere Musik sicherlich komplett anders.

Joe: Ich liebe sehr es in der Natur zu entspannen. Ich habe festgestellt, dass es sehr wichtig für mich ist, mein eigenes Essen anzubauen. Unsere Art zu Leben hilft mir einen klaren Verstand zu behalten und damit glücklich und kreativ zu sein.

Meiner Meinung nach klingt das neue Album auch eher naturverbunden und nicht wirklich städtisch. Denkt ihr ähnlich oder sind die Einflüsse dieselben, egal wo man lebt?

Joe: Natur beeinflusst mich soooo sehr. Wie auch immer, ich bin kreativ von jeder Umgebung beeinflusst, der ich ausgesetzt bin. Aber das coole ist, dass ich meine Liebe zur Natur überall mit mir herumtrage. Aber ist dieser Einfluss immer enthalten.

Aaron: Ich denke man kann überall gleich beeinflusst werden, wenn man seine Antennen ausführt und Informationen empfängt. Jedoch führt dir eine spezielle Umgebung immer zu einem anderen Ergebnis. Ich persönlich bevorzuge die Natur, aber ich kann überall kreativ sein.

Rick: Die musikalischen Einflüsse ziemlich dieselben, egal wo wir sind. Wir suchen stets nach neuer Musik die uns anmacht, mögen es aber auch alte Favoriten wieder zu besuchen. Die meisten von uns sind ein einer städtischen Umgebung aufgewachsen. Aber wir teilen alle die Liebe zur Natur.

Spider: Meiner Meinung nach erschafft ein Künstler in irgendeiner Weise sich selbst die Umgebung nach der er sich sehnt. Leute die auf Bauernhöfen leben träumen vom Großstadtleben und Stadtmenschen wünschen sich irgendwo hinzugehen, wo es eine Zeitlang ruhig ist. Je früher wir damit aufhören, darüber nachzudenken wo man sein möchte, beginnt die wahre Kreativität. Es kann jederzeit passieren. Wenn ich zum Beispiel auf dem Markt bin und wünschte ich wäre zu Hause, könnte mich zu einer Melodie über Sehnsucht und Verlangen inspirieren. Oder wenn ich am Computer ein Video schneide und wünschte ich könnte rausgehen, führt das zu einer Melodie über verrücktes Geplapper.

Wie arbeitet ihr gewöhnlich an neuen Ideen? Sitzt jeder alleine ein wenig im Garten oder seinem Zimmer oder ist es wichtig mit den anderen stets als Band zu interagieren?

Aaron: All das irgendwie. Wir verfolgen keine bestimmte Methode und versuchen es nicht zu mechanisch werden zu lassen. Bei mir leben neue Ideen gewöhnlich eine Zeitlang in meinem Kopf und manifestieren sich dann, wenn sie fertig sind.

Joe: Ich genieße es aber miteinander zu arbeiten und Musik zu erschaffen, individuelle Ideen zu reflektieren und daraus ein gemeinsames Stück Kunst zu erschaffen. Aber manchmal muss eine Idee auch aus dem Garten oder dem Schlafzimmer kommen, um sie dann allen zu präsentieren. Meine persönlichen Simeon Soul Charger-Songs sind die, die wir gemeinsam geschrieben haben.

Spider: Am Ende wird es erst ein Song, wenn man jeder einen Spritzer seiner eigenen Farbe aufträgt.


Dann ist Spontaneität wohl auch sehr wichtig für Euch. Ist es ein größeres Ziel im Studio alles punktgenau und perfekt festzunageln oder den magischen Moment einzufangen?

Rick: Wir möchten immer so gut wie möglich mit der richtigen Portion Energie und Intention dahinter spielen. Es ist nicht immer perfekt, aber es ist immer wir.

Aaron: Ich denke wir arbeiten auf beiden Arten. Ich bin nicht so gut im Improvisieren wie die anderen. Deswegen sind meine Ideen auch sehr durchdacht. Aber Spontaneität ist immer noch sehr wichtig. Das Studio ist ein toller Platz zu experimentieren. Aber so etwas wie „perfekt” gibt es nicht. Oft sind die liebenswertesten Dinge an einer Komposition die, welche andere für unperfekt halten.

Joe: Spontaneität fließt durch all unsere Arbeiten. Wir streben NIE danach perfekt zu sein. Es ist sehr wichtig das Gefühl für ein Stück einzufangen. Ich liebe Alben die kleine Fehler haben. Diese Fehlerchen kommen von Gefühlen, die einem zum Menschen machen. Ich bin sehr unglücklich darüber, welche „Perfektionismusstandards“ die Musikindustrie bei Aufnahmen mittlerweile festgelegt hat. Digital ist in machen Fällen in Ordnung. Aber es wird heute sehr missbraucht. Autotune, Quantifizierung und der Mangel an Herz und Gefühl machen mich krank. Die meisten digitalen Produktionen leiden daran.

Spider: Perfekt ist ein ziemlich vages Wort was Musik betrifft. Meiner Meinung nach ist es das Beste für einen guten Songs, die richtige Energie einzufangen. Es ist gut, wenn man weiß wo man anfängt und wo es hinführt. Aber die Mitte kann so unscharf sein, wie man will. Viel des Simeon Soul Charger-Materials ist sehr strukturiert. Aber es gibt immer ein klein wenig Platz für Improvisationen im Song. Als wir Harmony Square aufnahmen, habe ich versucht ein gutes Mittelmaß zu finden. Bei „Ashes“ spielte ich im Studio zum Beispiel eine einfache Basslinie, die dem Rhythmus folgt und ein kleines melodisches Riff im Refrain gespielt. Aber live improvisiere ich dabei sehr viel. Bei einem Song wie „The changing wind and reign“ spielte ich eine belebtere, Tapping-Basslinie im Studio, aber live spiele ich es sehr einfach. Im Studio gibt es mehr Raum für die Melodie, aber im Rockkonzert-Kontext klingt es am besten mit großen, magengrummelnden Noten. Es ist eine Frage für den Song zu spielen und nicht zuviel darüber nachzudenken wie es klingen sollte. Der Song weiß schon lange vorher wie er sein möchte, bevor du ihn schreibst. Du musst nur... zuhören.

Wie bringt ihr Euch in die richtige Stimmung für die Musik? Ich denke jetzt aber nicht an das uralte Drogenklischee…

Spider: Darüber kann ich nichts sagen, da ich keine Drogen nehme. Ich weiß, ich habe Dreadlocks. Aber die Frisur sagt nicht aus, dass man ein Drogensüchtiger ist. Ich habe auch ein Batman-Shirt und ich bin kein Superheld. Die richtige Stimmung entsteht, wenn ich am wenigsten damit rechne. Es kann passieren, während ich Musik höre. Oder ich erwache nachts und klimpere auf meiner Gitarre, um mich am nächsten Tag an die Idee zu erinnern. Zur Hölle, auch ein Interview kann dich in Stimmung bringen!

Na dann hoffe ich mal, dass MAS auf der nächsten Simeon Soul Charger-Platte gewürdigt wird.

Joe: (lacht) Ein paar Bier sind ganz gut. Aber ich bin grundsätzlich immer bereit zu spielen. Aber kreativ bin ich nie wenn ich schlecht drauf in. Ich muss von einer positiven Einstellung umgeben sein. Eine gute Tasse Tee versetzt mich auch in eine entspannte Geistesverfassung. Und nebenbei, was ist schlecht an Klischees?

Aaron: Wenn der Verstand klar ist, sickern die Ideen durch. Ich habe da keinen bestimmten Weg. Die Songs kommen wenn sie wollen.

Kommen wir mal direkt zu Eurem neuen Album. Ein einzelnes, 67 Minuten langes Stück auszuarbeiten klingt ein wenig nach einer größenwahnsinnigen Idee. War Harmony Square von Anfang an als solches gedacht oder würde es über die Zeit hin aus einzelnen Stücken zusammen gesetzt?

Rick: Meet me in the afterlife und die anderen EPs hatten auch schon diesen Fluss und einige Songs gehen ineinander über. Wir begannen bereits in Ohio an dem Album zu arbeiten. Was am Ende noch fehlte, wurde uns klar, als wir nach Bayern kamen. Wir merkten, dass die Musik auch als ein Stück zusammen passt, selbst wenn die Story dazu nicht komplett wäre. Größenwahnsinnig? Ich denke nicht. Ich betrachte das Leben als ein langes Lied mit vielen Veränderungen und Bewegungen.

Aaron: Das Konzept braut schon ein paar Jahre vor sich hin und Ideen in diese Richtung kann man schon auf unseren anderen Platten entdecken. Wir waren schon immer daran interessiert verknüpfte Kompositionen zu schreiben. Wir haben die Sachen aber nicht in einer bestimmten Reihenfolge geschrieben. Aber manche Songs schienen einfach zu magisch zusammen zu passen, auch wenn sie jeder einzeln geschrieben hat.

Spider: Meiner Meinung nach ist die Idee eines Albums, über einen Gedanken, Gefühl oder idealerweise durch eine Reihe von Songs so gut wie möglich zu kommunizieren. Die Tatsache alle Songs ineinander überfließen zu lassen, brachte nur etwas mehr Denkarbeit mit sich. Aber wir haben nie gedacht „oh hey, ändern wir die Tonart des Songs in A, dass er zum nächsten passt“. Ein geschmeidiger und kollektiver Denkprozess passiert wohl, wenn man die ganze Zeit zusammen in selben Haus mit seinen Bandkumpels wohnt. (lacht)

Nebenbei, wie viel Größenwahnsinn steckt in dieser Gruppe? Oder seid ihr nur ein paar normale Jungs, die ihren Musikertraum leben?

Aaron: Ich denke eher letzteres. Wir versuchen einfach unsere Reise zu genießen.

Joe: Seit ich ein kleines Kind bin, träume ich davon Musiker zu sein. Ich hatte auf dem Weg dorthin ein paar kleinere Rückschläge. Aber jetzt geht es mit voller Kraft voraus! Der Erfolg ist mir dabei nicht so wichtig. Es geht mir nicht im Ruhm und Geld. Ich möchte einfach etwa tun das mir Spaß macht. Und genau das tue ich gerade und das fühlt sich verdammt gut an.

Was mir an Harmony Square etwas fehlt, sind etwas mehr Instrumentalparts. Das Album scheint sehr gesangsorientiert. Ging es dieses Mal mehr um die zu Story es war wichtiger einen atmosphärischen Hintergrund für die Worte zu schaffen?

Joe: Wow! Ich vermisse dasselbe bei Harmony Square. Ich wollte auch etwas mehr Instrumentales. Tatsächlich wurde „Oh what a beastly boy“ als Instrumental geschrieben. Ich war sehr hartnäckig es als solches zu belassen, aber am Ende habe ich nachgegeben und wir behielten den Gesang den Aaron schrieb. Es war sehr wichtig den Großteil der Geschichte auf dem Album zu erzählen. Die bisherigen Alben enthalten einen Teil der Story, aber dieses hier führt die Stränge zusammen. Es musste sehr gesangsintensiv sein. Es war unser Job ein weiches musikalisches Bett für die Texte zu schaffen. Ich denke das hat funktioniert. Jedenfalls, meine auch ich, dass es musikalisch etwas mehr Platz zum Atmen gebrauchen könnte. Aber ich bin glücklich mit dem Endergebnis.

Aaron: Wie bei unseren vorherigen Veröffentlichungen, wurde alles erst im Studio zusammengeführt. Jedoch habe ich viel Zeit damit verbracht Textideen zu entwickeln. Ich denke das Album ist sehr instrumental, wenn das Ohr achtsam ist.

Spider: Wir haben uns nie hingesetzt und gesagt „lass Aaron eine Wagenladung mehr als sonst singen“. Es ist einfach passiert. Für mich gibt es aber einige ziemlich wichtige Instrumentalparts. Abgesehen davon gibt es ein paar synkopische Riffs und Rhythmen die die Gesangslinien unterstützen. Diese sind noch dichter, als vieles das wir vorher gemacht haben. Dazu haben wir ein paar großartige Teile und Gitarrensolos die für sich alleine stehen. Zum Beispiel das Gitarrensolo am Ende von „Ms. Donce“ oder das Solo und die Riff-Harmonie die „See sharp“ mit „Rayoweith's Guillotine/A Gift From The Sky” verbindet. Letzteres endet mit einer dramatischen Gitarrensymphonie aus durchdringenden, traurigen, klagenden Harmonien, als in der Geschichte die Alienrasse in Babylon Grove landet und ihren schrecklichen Führer GodSpon the Great offenbart. Dieser Instrumentalbreak erklärt mehr als Worte es je könnten. Wenn auch es hier weniger Instrumentalparts als je zuvor gibt, sind sie goldwert.

SSC auf der Bühne

Die Geschichte hinter Harmony Square klingt nach einer Allegorie auf unsere moderne Zeiten, in den Unterdrückung, die Ausbeutung der Arbeiterklasse und der Umwelt eine große Rolle spielen. Seht ihr die Platte als eine Art sozialkritisches Album?

Rick: Moderne Zeiten? Ich denke diese Themen waren schon immer ein Problem der menschlichen Rasse.

Aaron: Sozialkritisch ja, aber komplett ohne jegliche Selbstgefälligkeit. Dieses Album ist eine Spiegelung unserer Zeit mit einem starken Hang zu ihrer dystopischen Seite. Es liefert aber keine klare Lösung der psychischen Wunden, welche die heutige Gesellschaft mit sich bringt. Es projiziert nur ein tiefes Verlangen.

Spider: Es ist das großartige an der Kunst. Harmony Square erzählt die Geschichte einer Person die durch den Wald wandert und eine Stadt findet, die einen tyrannischen, bösen Führer besitzt. Diese Person findet heraus wer wirklich dahinter steckt und kurz danach landet eine Alienrasse in diesem kleinen, abgelegenen Ort. Wenn jemand darin etwas Sozialkritisches entdeckst, ist das fantastisch, denn niemals es wird nicht ein einziges Wort über Politik verloren. Aber man kann es erahnen. Das führt mich also dazu zu fragen, ob Du ein sozialkritischer Mensch bist? (lacht) Ich habe einen Freund, der dachte es ginge darum, dass die Mieten in der Stadt zu hoch wären. Ich konnte ihm nicht sagen, dass er falsch liegt. Es könnte alles sein. Ich kann weder Politik noch etwas über Immobilien darin entdecken. Aber das ist ok.

Sind Politik und soziale Dinge generell etwas mit dem ihr Euch beschäftigt oder fühlt ihr Euch mehr von persönlichen Dingen beeinflusst?

Rick: Wir sind das Produkt unserer Umgebung. Wir sind von allem beeinflusst das in uns ist und uns umgibt.

Eure Musik klingt auf ihre Art altmodisch, aber ihr schafft es sie frisch klingen zu lassen. Fühlt ihr Euch dennoch mit den klassischen Bands der „goldenen Ära“ wie den Doors, Queen, Jethro Tull oder Led Zeppelin verbunden - vielleicht auf eine spirituelle Art?

Rick: Dankeschön. Ich persönlich fühle mich mit diesen Künstlern verbunden. Ich weiß zwar nicht warum, aber es ist so. Das ist meine liebste musikalische Ära. War es immer und wird es wohl immer sein.

Joe: Wir haben alle Respekt und Liebe für diese Ära übrig. Ich denke aber auch, dass die Zeit zwischen den frühen und den mittleren Neunzigern eine gute Zeit für Rock'n'Roll war. Am Ende lieben wir es aber einfach gute Musik zu hören und solche zu schreiben und zu spielen. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass ich mit jeder Musik die ich höre spirituell verbunden bin.

Spider: Es fühlt sich gut an in dieselbe Kategorie mit diesen Bands gesteckt zu werden. Obwohl ich sie gerne mag, kann ich nicht sagen, ob es eine Verbindung gibt. Wenn ich Musik spiele möchte ich immer etwas Neues erschaffen. Ich versuche immer etwas Unerwartetes zu spielen, wenn möglich. Vielleicht fühle ich mich dann verbunden, da sie in ihrer Zeit etwas Ähnliches versucht haben. Aber wenn das so ist, könnte ich mich auch mit Leuten aus dem 18. Jahrhundert verbunden fühlen. Irgendwann werden wir hoffentlich als originell genug erachtet, um nicht mehr mit anderen Bands in eine Kategorie gesteckt zu werden. Dann kann jemand uns mit der Band eines jungen Typen vergleichen und er gibt dann dieselbe Antwort.

Diskografie

Simeon Soul Charger (EP, 2009)
Al rather dead (EP, 2010)
Meet me in the afterlife (2011)
Harmony Square (2012)
Ihr seid alle keine Neulinge mehr und ich denke nicht, dass Simeon Soul Charger Eure erste Band ist. Was habt ihr vorher gemacht, was für eine Art von Musik? Und von welchen Erfahrungen könnt ihr jetzt zehren?

Rick: Ich begann mit zwölf das Gitarrespielen. Ich spielte in sehr vielen verschieden Gruppen. Jam/Impro-Rock, Blues, Jazz, Punk, Noise, Akustik, elektrisch, Singer-Songwriter, Cover usw. Ich mag es auch andere Bands aufzunehmen und hatte ein kleines, cooles Kellerstudio in Ohio. Erfahrung ist alles und es gibt immer einen Weg das anzuwenden was man in anderen Situationen lernt.

Joe: Ich habe schon in vielen Bands gespielt - von Blues bis Death Metal. Ich spielte auch schon Schlagzeug und Perkussion unserer High School-Jazzband und einer Marschmusikkapelle. Ich ziehe aus allen Genres etwas für Simeon Soul Charger heraus. Ich mag es auch es vielseitig zu halten.

Spider: Ich spielte in ein paar verschiedenen Projekten. Mein Bruder Rick und ich begannen so um 2004/2005 gemeinsam zu spielen und Projekte unter verschiedenem Namen zu arrangieren. Strawberry Jam, Clestine Dream, Basement Booge - die Liste ist lang. Dabei war von Jam Band-Music, Rock'n'Roll, Punkabilly, psychedelischen Stoff und einer Hardcore-Band einiges. Wir haben seit 2008 Konzerte als Monkey Day Parade mit Schlagzeuger Scotty Aspinall, Rick am Bass und mir an der Gitarre mit eigenen Songs gespielt. Ich war schon Drummer in einer Hardcore-Punk-Band namens General Riot und habe seit 2004 Hip-Hop und verschiedene elektronische Musik produziert. Damals fing ich auch an Bass zu spielen. Deswegen bin ich ziemlich bass- und schlagzeugorientiert. Ich mag es sehr aus allem etwas herauszuziehen und es auf meine Art am Bass zu interpretieren. Alles Musikalische macht dich immer ein wenig besser. Zumindest denke ich so.

Kommen wir zum Schluss. Am 21. Dezember spielt ihr eine „End of the world Show“. Was macht ihr, wenn ihr von der Bühne kommt und sich die Erde in alle Bestandteile auflöst?

Joe: (lacht) Wenn die Erde zerbröckelt und der Himmel auf unsere Köpfe fällt, werde ich süße Liebe mit meiner Liebsten machen, einen feinen Scotch schlürfen und Black Sabbath so verdammt laut wie möglich hören.

Rick: Einen Spritzer Bourbon trinken, meine entzückende Cindy küssen und wissen, dass ich ein ehrliches und gutes Leben gerührt habe.

Spider: Meine Mutter anrufen und „auf Wiedersehen“ sagen. (lacht) Ich bin mir nicht wirklich sicher. Ich denke nicht, dass dies das Ende der Welt ist. Aber nur für den Fall, dass es so ist: Wir sollten die Erde mit einer großen Party im Kreise unserer Liebsten verlassen.




Mario Karl


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